Drama um eine Aufenthaltserlaubnis
An die üblichen Schikanen der Ausländerbehörde haben wir uns ja schon gewöhnt, da wird ein Pass (mit allen Visa und Einreisestempeln) einfach mal eingezogen, um ihn einer Echtheitsprüfung zu unterziehen. Mag vielleicht so üblich sein, dann aber nur in Deutschland. Jedenfalls war der Pass 3 Monate unterwegs, bis wir ihn (als “echt” klassifiziert) wieder hatten. Reisen natürlich unmöglich in dieser Zeit.
Mitte 2020 wurde unser Sohn A. geboren. Ein munteres gesundes Kerlchen im erwarteten mix-braun. Da sollte es doch selbstverständlich sein, eine Geburtsurkunde zu bekommen. Weit gefehlt. Trotz Vorlage beider elterlicher Geburtsurkunden im Original und in Übersetzung, bekamen wir keine. Was wir bekamen war eine sog. Abstammungsurkunde mit dem Vermerk: Mutter unbekannt. Ein wirklich tolles Gefühl, wenn eine Frau im örtlichen UNI-Klinikum gerade entbunden hat und nun offenbar kein Kind hat. Na immerhin hat es einen Vater, wer hat das eigentlich überprüft? Da mischt sich der Staat schon weniger ein. Es sollte klar sein, dass dies nicht ohne Grund gemacht wird. Ohne ein Kind kann man natürlich auch keinen Aufenthaltstitel zur Pflege des Kindes (welches ja deutsch ist) erhalten. Dies wird sich auch bewahrheiten.
Die Ausländerbehörde antwortete auf den Antrag lakonisch: “Ohne Geburtsurkunde brauchen Sie nicht wiederkommen”. Allerdings stellten Sie eine sog. Fiktionsbescheinigung aus, die amtlich unterstellte, meine Frau dürfe sich in Deutschland aufhalten, weil sie studiere. Nur studierte sie aber gar nicht mehr, was denen auch klar war. Beim Standesamt versuchten wir erneut unser Glück und man “verkaufte” uns für 250 Euro die Möglichkeit über einen Anwalt in Kenia zu beweisen, dass meine Frau tatsächlich tatsächlich geboren wurde und die die Geburtsurkunde echt ist. Dies sei so üblich.
Jetzt verging ein ganzes Jahr. Ein Jahr in welchem wir 3 mal bei der Ausländerbehörde waren, um die Fiktionsbescheinigung zu verlängern und uns anhören mussten, dass die Geduld bald zu Ende sei. Doch dann die Wendung. Die Geburtsurkunde war zurück und ist echt! Was für eine Freude! Auch wieder weit gefehlt. Sie sei zwar echt, gehöre aber einer anderen Person. Oh! Es stimmten zwar alle Angaben, aber im Vornamen sei ein V statt ein Y, was seit 35 Jahren niemals eine Rolle spielte. Alle Dokumente vom Pass bis zum Unizeugnis haben ein Y.
Doch jetzt kommt es erst ganz dicke! Wenn die Person ein V und kein Y hat, dann sind Pass und alle Ausweise und Zeugnisse ja “falsche Dokumente”. Es gibt also gar kein Pass mehr.
Man gab uns also den Rat, und das ist kein Scherz, alle Dokumente bis zum Schulzeugnis im Heimatland umschreiben zu lassen – also einen Schreibfehler hineinschreiben zu lassen. Was für ein unvorstellbarer Unsinn. Dann wäre aber Dokumentenübereinstimmung hergestellt und das Kind bekäme eine Geburtsurkunde mit einer Mutter (allerdings mit unaussprechlichem Vornamen). Erst mittels einer Anwältin konnten wir das Standesamt davon abbringen und schlugen vor den Namen “amtlich” korrigieren zu lassen. Dazu benötigt man ein Gerichtsverfahren und dieses wird erst angestrengt, wenn bewiesen ist, dass eine Änderung im Heimatland unmöglich sei. Deutsche Bürokratie.
Ob nun Corona oder nicht, der nächste Weg führte mich nach Kenia. Im nächsten Standesamt (man ist natürlich vernetzt) konnten wir die Geburtsunterlagen einsehen. In 15 Minuten und gegen eine geringe Gebühr war der Fehler behoben und eine neue Geburtsurkunde ausgestellt. Wer kann ahnen was jetzt kommt?
Natürlich. Das Standesamt bezweifelte die Echtheit des Dokumentes. Wie auch anders. Ich war aber inzwischen fatalistisch drauf und fragte, ob ich 250 Euro mitbringen soll, damit man das nächste Jahr dazu verwenden könne, die Echtheit des Dokuments zu prüfen. Und da geschah das erste Wunder: Die Dame schrieb mir: Wir haben im Team beraten und möchten Ihrem Dokument Glauben schenken” Danke. Zwar gab es weitere lustige Begebenheiten – die Erlangung einer Krankenversicherung beispielsweise- auf dem noch langen Weg zur Aufenthaltserlaubnis, aber dies war schon der krasseste Teil deutscher Bürokratie. Da lobe ich mir Afrika. Schnell, preiswert, effektiv. Allerdings müssen manchmal 50$ im Umschlag liegen. Aber im Gegensatz zu Deutschland funktioniert dann wenigstens alles innerhalb von Stunden. In Deutschland könnte man 1 Mio. überweisen, kein Hintern würde sich bewegen, weil allen schon klar ist: Es wird nicht funktionieren. Nicht einmal mit Korruption.
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