Wie man unvermutet im Knast landet.

Eine unglaubliche Geschichte um ein junges Mädchen und ein Visum.

Deutsche Behörden sind schon einmalig auf der Welt. Gründlich, unabhängig und korruptionsfrei. Kleiner Scherz. Das glaube ich schon lange nicht mehr. Meine Erlebnisse zur Erlangung eines Aufenthaltstitels für meine Frau oder zur Anerkennung eines Führerscheins sind nur ein kleiner Vorgeschmack.
Wir lassen zwar ungelernte Menschen ohne jegliche Papiere und Nachweise als Fachkräfte nach Deutschland. Aber die gut ausgebildeten und vertrauenswürdigen Menschen, die wollen wir natürlich nicht einmal als Touristen ins Land lassen, sie könnten ja arbeiten wollen oder uns das Sonnenblumenöl aus dem Supermarkt stehlen. Deshalb war meine Einladung zum Segeln in Kroatien für die Cousine meiner Frau eher eine Schnapsidee. Dazu muss man sagen, dass die junge Frau, nennen wir sie T., mit 18 Jahren volljährig ist, in Dubai seit Jahren lebt, in den USA das Abitur gemacht hat, aber einen kenianischen Pass hat. Dieser Pass ist zwar voll mit Visa und Stempeln aus der ganzen Welt, dies ist aber kein Vertrauensbeweis, dass es sich nicht um einen typischen Wirtschaftsflüchtling handelt.
Man benötigt also ein Schengen-Visum, um nach Europa zu reisen. Das ist nicht ganz einfach. Ein Antrag auf Visum half zunächst nicht. Man benötigt eine Einladung. Ich schrieb also die Einladung mit dem Wunsch in Kroatien mit ihr und meiner Familie segeln zu gehen und natürlich möchte sie Europa möglichst kennenlernen.
Dazu flog T. von Florida zur nächsten Vertretung der BRD in Miami. Sie übergab alle Unterlagen und Einladung, ein Visum bekam sie nicht. Sie bräuchte eine Verpflichtungserklärung.
Was ist das? Ein deutscher Bürger muss für den gesamten Aufenthalt maximal für insgesamt 5 Jahre mit allem Eigentum bürgen. Dies gilt für Ausweisungskosten, Krankheiten, Straftaten und allen Kosten, die man konstruieren kann. Kein normaler Mensch würde dies unterschreiben, schließlich könnte ja ein singuläres Ereignis auftreten, welches Millionen kostet und unversicherbar ist. Man wäre also bis zum Lebensende ruiniert, wenn Vater Staat diese Person z.B. in Haft nimmt oder diese todkrank wird. Trotzdem war ich bereit dazu.
Der Termin auf der Ausländerbehörde war ernüchternd. Da ich nicht angestellt arbeite, konnte ich keine aktuelle Lohnabrechnung vorweisen. Da ich erst 1,5 Jahre selbstständig war, verfügte ich auch über keinen geprüften Abschluss. Man schlug mir also vor, mein Haus zu verpfänden, ich solle schon mal die Grundbuchauszüge heraussuchen. Ich fragte höflich, ob denn nicht ein Kontoauszug mit einem nicht unerheblichen Guthaben, als Sicherheit genüge, was sofort abgeschmettert wurde: “Sie können ja morgen alles im Casino verzocken”. Das stimmt natürlich, aber es kann auch Putins Atombombe auf mein Haus fallen. Ich fragte, ob es denn eine andere Chance gäbe, die fraglichen Millionen aufzutreiben.


Und tatsächlich, es gab eine andere Möglichkeit: Ein Sparbuch zu Gunsten der Ausländerbehörde verpfändet mit lächerlichen 5000 Euro. Das ist ein Witz, weil 5000 Euro natürlich viel Geld ist, aber natürlich nichts, welches neben Haus und Einkommen, zusätzliche Sicherheit bieten würde. Dieses Sparbuch zu bekommen, war das nächste Drama.

Onlinebanken – Fehlanzeige. Hausbank – Fehlanzeige. Ich musste also auf Knien bei der Sparkasse vorstellig werden, die (bei Abschluss anderer Produkte) widerwillig ein Sparbuch anlegten. In letzte Minute. Und tatsächlich bekam ich für das Sparbuch die erforderliche Verpflichtungserklärung. Nun darf man nicht glauben eine deutsche Behörde traut der anderen deutschen Behörde. Man kann das Dokument also nicht einfach ins interne Postfach des Auswärtigen Amtes legen, denn damit hat ja eine Ausländerbehörde nichts zu tun. Man darf die Behördenpost auf eigene Kosten (hier 50$ per FedEx) der anderen Behörde zustellen. So wird Digitalisierung in Deutschland gelebt. Berittene Boten transportieren ein Papierdokument von Behörde zu Behörde.

Jedenfalls wurde das Visum für 3 Monate nun erteilt. Die Einreise nach Europa verlief erstaunlich problemlos. Einreisestempel – fertig.
Eben nicht, wie wir gleich sehen. Auf nach Kroatien war angesagt. In Leipzig auf dem Flughafen keine Probleme beim Einchecken nach Dubrovnik. Auch bei der Polizei und beim Zoll nicht. In Wien nochmalige Kontrolle des Visums, alles prima. Dann kamen wir in Dubrovnik an.
“Das ist ein D Visum!” Was zum Teufel ist das? Ein Visum zum einmaligen Betreten der EU. Ich verstand erst gar nicht, wollten die Kroaten sie nicht einlassen? Doch das würden sie, kein Problem, aber Wien würde sie nicht mehr zurücknehmen. Personen, denen die Rückreise verwehrt werden kann, darf man auch nicht einreisen lassen. Keiner hatte uns bei 5 Ämterbesuchen, um dieses kroatische Segelabenteuer zu ermöglichen, gesagt, dass Kroatien überhaupt noch kein Schengen-Staat ist. Und ja, dieses Versäumnis ist auch eine eigene Bildungslücke, aber hätte nicht einer Beamten, bei Beantragung, Einladung, Durchreise etwas davon erwähnen können?
T. muss sofort wieder über die Grenze, damit sie als “nicht eingereist” gilt und damit die EU nie verlassen hat. Man gab uns 5 Minuten Zeit zu entscheiden, ob wir alle zurückfliegen oder ob T. die Reise allein antreten darf.

Kann man eine 18 Jährige farbige Frau allein durch halb Europa reisen lassen, damit sie sich dann 2 Wochen selbst versorgt, eine Bleibe findet und dies noch als Einladung empfindet? Natürlich nicht. Also beschlossen wir, dass meine Familie mit ihr zurückfliegt und ich allein in Dubrovnik bleibe. Leider benötigten wir dafür 6 Minuten, schließlich mussten ja auch Handys geladen sein, etwas Geld ausgetauscht und wichtige Dinge geklärt werden. 6 Minuten waren zu viel. Man erklärte uns, der Flieger sei jetzt voll und heute würde niemand mehr fliegen. Wir dürfen uns entscheiden, ob wir alle in der örtlichen Gefängniszelle übernachten möchten, oder ob T. dies allein tun muss. Schweren Herzens trennten wir uns von ihr, die Tränen waren natürlich nicht zu stoppen. Aber wir könnten nichts für sie tun, wenn wir selbst eingesperrt sind. Sie sperrten sie tatsächlich ein. Wir übernachteten also im Hotel und hofften T. ginge es gut in ihrer Zelle. Kommunikation war zunächst unmöglich, erst nach Anruf bei den Behörden und Drohung mit Konsequenzen, hat man ihr dann das Telefon erstaunlicherweise ausgehändigt.

So war der Segelurlaub in Kroatien zu einem Besuch im Gefängnis geworden, man kann sich die Enttäuschung eines Mädchens vorstellen, welche alle bürokratischen Hürden überwunden hatte, um nach Europa zu reisen – und dann das.

Besonders perfide war die Rückreise, man behandelte T. wie eine Gefangene, Sie wurde unbemerkt ins Flugzeug gebracht und meine Frau traf Sie erst in Wien wieder. Austrian Airline (Dieser Sauhaufen bekommt noch einen eigenen Artikel!) war sich auch nicht zu fein, für meine Frau und mein Sohn die Tickets teuer abzurechnen, obwohl gültige Rückflüge vorhanden waren. Diese Rückflüge haben sie dann auch noch gewinnbringend verkauft. Eine echte Abzocke. Als Bewohner eines Kontinents außerhalb Europas kann man nur mit dem Kopf schütteln, wie hier mit Menschen umgegangen wird, die nichts verbrochen haben, mit Bürgschaft gesicherte Visa haben und vertrauensvolle Menschen sind. Vielleicht versuchen wir es das nächste Mal als “Fachkraft”, dann geht alles von allein, auch als Analphabet, ohne Papiere und mit 21 Identitäten.

Kind ohne Mutter

Drama um eine Aufenthaltserlaubnis

An die üblichen Schikanen der Ausländerbehörde haben wir uns ja schon gewöhnt, da wird ein Pass (mit allen Visa und Einreisestempeln) einfach mal eingezogen, um ihn einer Echtheitsprüfung zu unterziehen. Mag vielleicht so üblich sein, dann aber nur in Deutschland. Jedenfalls war der Pass 3 Monate unterwegs, bis wir ihn (als “echt” klassifiziert) wieder hatten. Reisen natürlich unmöglich in dieser Zeit.

Mitte 2020 wurde unser Sohn A. geboren. Ein munteres gesundes Kerlchen im erwarteten mix-braun. Da sollte es doch selbstverständlich sein, eine Geburtsurkunde zu bekommen. Weit gefehlt. Trotz Vorlage beider elterlicher Geburtsurkunden im Original und in Übersetzung, bekamen wir keine. Was wir bekamen war eine sog. Abstammungsurkunde mit dem Vermerk: Mutter unbekannt. Ein wirklich tolles Gefühl, wenn eine Frau im örtlichen UNI-Klinikum gerade entbunden hat und nun offenbar kein Kind hat. Na immerhin hat es einen Vater, wer hat das eigentlich überprüft? Da mischt sich der Staat schon weniger ein. Es sollte klar sein, dass dies nicht ohne Grund gemacht wird. Ohne ein Kind kann man natürlich auch keinen Aufenthaltstitel zur Pflege des Kindes (welches ja deutsch ist) erhalten. Dies wird sich auch bewahrheiten.

Die Ausländerbehörde antwortete auf den Antrag lakonisch: “Ohne Geburtsurkunde brauchen Sie nicht wiederkommen”. Allerdings stellten Sie eine sog. Fiktionsbescheinigung aus, die amtlich unterstellte, meine Frau dürfe sich in Deutschland aufhalten, weil sie studiere. Nur studierte sie aber gar nicht mehr, was denen auch klar war. Beim Standesamt versuchten wir erneut unser Glück und man “verkaufte” uns für 250 Euro die Möglichkeit über einen Anwalt in Kenia zu beweisen, dass meine Frau tatsächlich tatsächlich geboren wurde und die die Geburtsurkunde echt ist. Dies sei so üblich.

Jetzt verging ein ganzes Jahr. Ein Jahr in welchem wir 3 mal bei der Ausländerbehörde waren, um die Fiktionsbescheinigung zu verlängern und uns anhören mussten, dass die Geduld bald zu Ende sei. Doch dann die Wendung. Die Geburtsurkunde war zurück und ist echt! Was für eine Freude! Auch wieder weit gefehlt. Sie sei zwar echt, gehöre aber einer anderen Person. Oh! Es stimmten zwar alle Angaben, aber im Vornamen sei ein V statt ein Y, was seit 35 Jahren niemals eine Rolle spielte. Alle Dokumente vom Pass bis zum Unizeugnis haben ein Y.

Doch jetzt kommt es erst ganz dicke! Wenn die Person ein V und kein Y hat, dann sind Pass und alle Ausweise und Zeugnisse ja “falsche Dokumente”. Es gibt also gar kein Pass mehr.

Man gab uns also den Rat, und das ist kein Scherz, alle Dokumente bis zum Schulzeugnis im Heimatland umschreiben zu lassen – also einen Schreibfehler hineinschreiben zu lassen. Was für ein unvorstellbarer Unsinn. Dann wäre aber Dokumentenübereinstimmung hergestellt und das Kind bekäme eine Geburtsurkunde mit einer Mutter (allerdings mit unaussprechlichem Vornamen). Erst mittels einer Anwältin konnten wir das Standesamt davon abbringen und schlugen vor den Namen “amtlich” korrigieren zu lassen. Dazu benötigt man ein Gerichtsverfahren und dieses wird erst angestrengt, wenn bewiesen ist, dass eine Änderung im Heimatland unmöglich sei. Deutsche Bürokratie.

Ob nun Corona oder nicht, der nächste Weg führte mich nach Kenia. Im nächsten Standesamt (man ist natürlich vernetzt) konnten wir die Geburtsunterlagen einsehen. In 15 Minuten und gegen eine geringe Gebühr war der Fehler behoben und eine neue Geburtsurkunde ausgestellt. Wer kann ahnen was jetzt kommt?

Natürlich. Das Standesamt bezweifelte die Echtheit des Dokumentes. Wie auch anders. Ich war aber inzwischen fatalistisch drauf und fragte, ob ich 250 Euro mitbringen soll, damit man das nächste Jahr dazu verwenden könne, die Echtheit des Dokuments zu prüfen. Und da geschah das erste Wunder: Die Dame schrieb mir: Wir haben im Team beraten und möchten Ihrem Dokument Glauben schenken” Danke. Zwar gab es weitere lustige Begebenheiten – die Erlangung einer Krankenversicherung beispielsweise- auf dem noch langen Weg zur Aufenthaltserlaubnis, aber dies war schon der krasseste Teil deutscher Bürokratie. Da lobe ich mir Afrika. Schnell, preiswert, effektiv. Allerdings müssen manchmal 50$ im Umschlag liegen. Aber im Gegensatz zu Deutschland funktioniert dann wenigstens alles innerhalb von Stunden. In Deutschland könnte man 1 Mio. überweisen, kein Hintern würde sich bewegen, weil allen schon klar ist: Es wird nicht funktionieren. Nicht einmal mit Korruption.

Führerschein nur für brave (weiße?) Bürger

Drama um einen kenianischen Führerschein

Gilt ein kenianischer Führerschein in Deutschland? Ja und nein. Man kann ihn 3 Monate benutzen – dafür fahren offenbar alle Menschen gut genug. Aber nach 3 Monaten geht gar nichts mehr. Nun gibt es einige Länder, die Führerscheine gegenseitig anerkennen, dann reicht ein Gang zur Behörde und fertig. Andere Länder haben es schwerer. Für Kenia kann man den Führerschein umschreiben, wenn man die praktische Prüfung noch einmal ablegt. Ok. Das kann ja nicht so schwer sein.

Natürlich braucht man auch die üblichen Sachen, wie einen Sehtest und einen 1. Hilfe Nachweis. Und hier geht es schon los. Mal abgesehen von Coronaproblematiken, ist es schon merkwürdig, dass dieser Kurs in Englisch abgelegt werden muss, was zusätzliche Fahrerei und Kosten bedeutet. Aber dies bekamen wir hin. Sehtest war auch kein Thema. Also nichts wie hin zur Führerscheinstelle, die Fahrschule nennen und los geht es. Natürlich nicht!

“Dieser Führerschein ist ungültig, er endete 2018” war das erste was wir hörten. Nicht so einfach dem analogen Beamten klarzumachen, dass in Kenia die Führerscheine digital abrufbar sind und manche Menschen einfach ihre alten Dokumente behalten haben, diese aber weiter gültig bleiben. Er forschte und forschte und kam auf kein Ergebnis. Auch nicht, als hier ihm den Zugang zum Führerschein zeigten (Regierungsportal) und die Gültigkeitserklärung vorlegten. “Abgelaufen ist abgelaufen”. Was auf Papier geschrieben steht ist die Wahrheit und das Internet lügt ja ohnehin immer.

Zum Glück zogen wir in diesem Monat aufs Land. So konnte ich zur nächsten Führerscheinstelle gehen und – wie konnte es anders sein – kein Problem mit dem Datum. Dies sei ja ein Nachweis einer Fertigkeit und die könne gar nicht ablaufen. Da freuten wir uns sehr. Zu früh.

“Welches Fahrzeug mit 500 Pfund wollen Sie denn fahren? Und was sind eigentlich Pfund?” Die nette Beamtin las aus der amtlichen Übersetzung eine Berechtigung für Fahrzeuge bis 500 lbs. Die Ursache war, dass der “Class B” Stempel über der Zahl war und so die 6500 als 500 übersetzt wurden. Keine Erklärung half, sogar das Zeigen eines leeren Führerscheins mit der kompletten Zahl führte zu nichts. Sie zog den Führerschein ein, um ihn zu prüfen. So lag er 8 Wochen bei der Polizei und kam auch zurück. Er war echt. Aber welche Klasse Führerschein dies nun sei konnte die Dame nicht ermitteln und bot an, einen Sachverständigen einzubeziehen. Diesen suchte ich auch auf und er fand das auch alles toll und er meinte, dass tatsächlich der Führerschein einer “deutschen Klasse B” entspräche. Aber: ich sei ja nicht der Antragsteller, sondern meine Frau. Und so müsse Sie jetzt nach Dresden fahren und die selbe Frage stellen. Allerdings hatte die Geschäftsstelle erst keine Besuchstermine und dann welche mit 2G+. Vielen Dank! Ohne Impfung also kein Gutachten und damit keinen Führerschein. Normalerweise hätte jeder Rassismus geschrien, aber für ungeimpfte schwarze Menschen gilt noch kein BlackLivesMatter. Das gibt es erst mit mit Spritze, die übrigens in Kenia kein Mensch möchte und alle Menschen auch heute noch auffällig gesund sind.

Bleibt zu erwähnen, dass sie noch immer keinen Führerschein hat. Sie macht ihn nun komplett und für viel Geld neu. Termine sind faktisch nicht zu bekommen. Auf Englisch noch weniger. So bin ich dazu verurteilt vermutlich ein weiteres Jahr Fahrer zu spielen, denn ÖPNV sind eher eine Zumutung auf dem Land und den Einkauf möchte sie auch nicht 2km tragen.