Fiktive Geschichte

Fundstelle der Woche.

Stellt euch vor ihr würdet als CEO eine relativ erfolgreiche Firma übernehmen. Auf zweifelhafter Grundlage prognostizierter Schreckensmodellierungen und weil man als Klassenprimus glaubt den Partnern und der Konkurrenz zu zeigen, wie es bald für alle zu laufen hat, startest du eine Transformationsoffensive auf gigantischem Niveau und setzt dabei auf innovative, neue Technologien, welche allerdings nicht konkurrenzfähig sind.

Dass deine Pläne höchstwahrscheinlich massive Entlassungen, die Schließung von Werken und den Verkauf von Unternehmensbereichen beinhalten werden, verschweigst du natürlich. Auf Umsatzeinbrüche, welche aufgrund von Weltwirtschaftskrisen entstehen reagierst du nicht, indem du deine Pläne anpasst, sondern nimmst diese zum Anlass deine “Zeitenwende” zusätzlich zu beschleunigen. Da deine Hauptenergiequelle Übernahmegelüste auslebt und sich in einen Krieg verzettelt, kannst du deine innovativen Technologien noch mehr pushen und zur Sicherheit kappst du mit Hilfe einiger Freunde aus Übersee die Direktverbindung zu deinem ehemaligen besten Energieversorger und die mit großer Sprengkraft. Egal, denn deine Rechnung geht anfangs gut auf und deine Belegschaft macht soweit mit.

Aber nach kurzer Zeit zeigen erste Umsatzdaten, dass die Firma beginnt ins Minus zu rutschen. Obwohl die Belegschaft merkt, dass die Firma ins Schwanken kommt, weil Kunden abspringen, Zulieferer abwandern, erste Abteilungsleiter kündigen und die Firma wechseln, bleibst du stur auf Linie. Als nach und nach Filialen Konkurs anmelden erklärt dein Wirtschaftsvorstand, dass sie nur vorübergehend ihre Arbeit einstellen. Trotzdem bleibt man noch ruhig, sogar als beschlossen wird, dass man den Mitarbeitern verbieten will mit dem Auto zu Arbeit zu kommen, in der Kantine bald kein Fleisch mehr angeboten wird und man sogar rät, bei Kälte mit zwei Pullovern und einer Wolldecke im Büro zu erscheinen. Absurd wird es, als auf den Firmenklos nicht nur Waschlappen liegen und die Duschen geschlossen werden, sondern auch als mehr neue Toiletten gebaut werden, als es Geschlechter gibt.

Der größte Zankapfel ist aber die Idee der Belegschaft ihre Eigenheime madig zu machen, indem man Umbaumaßnahmen verordnet mit dem Hintergedanken, dass sie ja auch nach und nach in den Plattenbau auf dem Firmengelände einziehen könnten und man dann auch keine Firmenfahrzeuge mehr bräuchte. Der Unmut wächst allerdings und deine Wirtschaftszahlen entwickeln sich katastrophal. Zum Glück hat die Firma in der Vergangenheit gut gewirtschaftet und es gibt noch Reserven, welche allerdings teilweise aufgebraucht wurden, weil man sich in der Corona-Zeit völlig panisch abgeriegelt hat und der Betrieb mehr oder weniger als einziger fast drei komplette Jahre nicht aus einer Angststarre herauskam, weil der der Medizinische Dienst und allen voran dein Betriebsarzt aus Harvard sämtliche Realitäten ignorierte. Unmengen an Geld in evidenzlose Schutzmaßnahmen wurden verballert und der hohe Krankenstand der Belegschaft, der seither grassiert, trifft die Firma ebenfalls wirtschaftlich stark. Aber da du ein Taschenspielertrick-Typ bist, verkaufst du auch diese Situation deiner Belegschaft, indem du versuchst die Zahlen zu frisieren, um weiter deine Transformation durchzuziehen.

Immer mal wieder versuchst du die Belegschaft mit tollen Worten wie “Doppel-Wumms” zu motivieren, aber langsam glaubt man dir nicht mehr. Da du das merkst, schließt du dich immer öfter im Büro ein. Einzig dein Quereinsteiger und jetziger Leiter der Wirtschaftsabteilung mutiert zum Dauerpressesprecher und alle paar Wochen werden firmeninterne Motivationsvideos von ihm veröffentlicht. Hin und wieder tauchst auch du auf und wetterst einzig gegen den Betriebsrat, anstatt deine eigene Firmenpolitik zu überdenken. Die Spannungen eskalieren entsprechend, da die Belegschaft zunehmend die ignorante, arrogante und rücksichtslose Geschäftsführung kritisiert. Dann kommen erste Panikaktionen, da zum einen die Abteilung “Agrar” und Teile der “Logistik” anfangen zu streiken und sogar eine Firmenübernahme, ähnlich wie ein Putsch von einer immer größer werdenden Ost-Niederlassung droht. In dieser Panik fängst du an Nebelkerzen zu setzen, um die Belegschaft von den eigentlichen Problemen abzulenken. Die Abteilung “Agrar” hätte sich radikalisiert, indem sie deinem Wirtschaftsvorstand im Urlaub aufgelauert hätten. Du nutzt die interne Pressabteilung und diskreditierst jeglichen Widerstand als “Firmenfeinde”.

Um die Ost-Abteilung loszuwerden kommst du auf den genialen Plan, ihnen die Schuld für die Misere anzukreiden und unterstellst ihnen zeitlich passgenau mit Hilfe deines privat finanzierten Firmendetektivs Verbindungen nach Russland und zu einem jungen radikalen Start-Up Unternehmers, den bisher keiner kannte aus Österreich. Dadurch spaltest du die Firmenbelegschaft geschickt, da jetzt die treuen Gutverdiener der Firma gegen die eigenen Leute wettern. Keiner spricht mehr über die katastrophalen Wirtschaftsdaten und Zukunftsprognosen des Unternehmens.

Wie diese Geschichte weitergeht bleibt unsicher. Allerdings besteht die Hoffnung, das schließlich, als das Unternehmen am Rande des Ruins steht, deine dunklen Machenschaften enthüllt werden, man dich und deine Mittäter öffentlich entlarvt und zur Rechenschaft zieht, während das Unternehmen einen langen Weg der Erholung und Wiedergutmachung vor sich hat. Mit welcher Geschäftsführung dies geschieht bleibt dabei genauso spannend, wie die Frage, ob es eine solche Geschäftsführung überhaupt gibt, oder ob man nicht mit unterschiedlichen Erzählungen die gleiche Geschichte nur mit anderem Personal weiterführt, da hinter allem eventuell mächtige Strippenzieher stecken, die anders als ein CEO nicht entlassen oder abgewählt werden können.

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