Ein Paradies für Segler
“Die Seychellen sind ein wahres Paradies für Segler. Die Inseln sind ein wahres Juwel inmitten des Indischen Ozeans, das darauf wartet, entdeckt zu werden. Unberührten Strände und die atemberaubenden Landschaften erkunden. Absolute Freiheit des Segelns und die unglaubliche Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt erleben.” So steht es wohl im Reiseführer. Und: Es ist so.
Die Winde waren schwach bis mäßig, mit Segeln kommt man nicht immer schnell voran. Aber wer will schon mit dem Motor fahren. Also geht es eben langsam. Diese Langsamkeit hat aus seinen Reiz und dafür sind Katamarane auch gebaut.
OP auf See
Interessanter wird es, wenn (mit einer segelunerfahrenen Crew) die Wellen etwas höher schlagen. So fiel mein kleiner Sohn (damals 2) mit dem Kopf ziemlich hart auf die Bettkante. Kopfplatzwunde ca. 2 cm lang, direkt auf der Stirn. Problematisch ist das nicht, man hat ja alles zum “Spannen” und “Nähen” dabei. Im Sanikasten war leider nichts, aber ich hatte vorgesorgt. In 5 Minuten erinnerte nur noch etwas Blut an Deck an diesen schmerzhaften Vorfall.
Wäre da nicht die besorgte Mutter. Was ist, wenn das Kind verblutet, eine tropische Infektion bekommt und stirbt oder die Narbe einer Berufslaufbahn als Model entgegensteht? Schwer zu realisieren, dass es auf dem Ozean keine Arztpraxen gibt bzw. eine Tour zum nächsten Dorfheiler ca. 2 Tage dauert. Mama war jedenfalls besorgt und ich kann das auch gut nachvollziehen, denn sie war selbst auch noch nie auf See.
Zum Glück fiel mir das “Maritime Rescue Coordination Centre” in Bremen ein. Über UKW geht natürlich nichts. Telefon ins Ausland geht mit den SIM-Karten für Touristen aber auch nichts. Aber – kein Wunder außerhalb Deutschlands – ich hatte vollen 4G Empfang, etwa 15 sm Entfernung zur nächsten (eigentlich nur spärlich bewohnten) Insel. Die Lösung war also eine VoIP Verbindung mittels SIP Client am Telefon. Danke kostenlose 3CX Anlage, über die ich dies abwickeln konnte. So konnte ich problemlos die Rettungsleitstelle erreichen und “telemedizinische Assistenz” anfordern.
Das war eine sehr positive Erfahrung. Sie waren zwar sehr verwundert über den Anruf aus dem deutschen Netz mit einer Positionsangabe auf der südlichen Halbkugel, haben aber das Problem sofort verstanden und Bilder angefordert. Mama war jedenfalls nach 1h sehr erleichtert einen schriftlichen Befund zu haben, dass wir nicht nähen müssen, das Kind vermutlich zu 99,99% überlebt und auch die Karriere nicht gefährdet ist. Danke “Bremen Rescue”.
Anmerkung: Eine kleine Narbe ist geblieben.
Glaube keiner Karte, die aus dem Britischen Empire stammt
In den ersten 10 Tagen haben wir hervorragend durch Buchten und Korallen navigiert. Mit einem Ausguck auf dem Großbaum kann man schon ganz gut durch die Riffe steuern. Für mich ist es allerdings immer ein Horrortrip, weil eine eindeutige und eingespielte Kommunikation erforderlich wäre, aber meistens nicht vorhanden ist.
Auf einem normalen “Monohull” hat man selbst einen guten Überblick und man kann back- und steuerbords gut sehen wie der Grund beschaffen ist. Nun hat ein Katamaran zwar praktisch kaum Tiefgang, aber der Überblick vom Steuerstand ist praktisch NULL. Man sieht vorn nichts und auch kaum auf der Seite. Man muss sich also auf die Anweisungen des Ausgucks verlassen. Das ist oft nicht ganz einfach.
Die Karten , die man oft bekommt sind scheinabar noch aus der Kolonialzeit. Jedenfalls stimmt vieles nicht ganz und wir wurden auch explizit gewarnt vor einigen Buchten. Aber wir hatten Revierführer und aktuelle Handbücher dabei und wagten uns an eine Bucht, die als toll, super, traumhaft beschrieben wurde. Auch Navily, meine Lieblings-Anker-App, sagte nichts Böses. Also hielten wir uns an die Empfehlung und fuhren mit Peilung 155° auf die Kirchturmspitze des Dorfes zu, welches in der Bucht beheimatet ist. Als Steuermann konnte ich überhaupt nichts sehen, also fuhren wir nur 1kn (FüG) unter Maschine mit Mann im Ausguck. Wir querten erfolgreich einen 1. Ring des Riffs und nach weiteren 100 m hörte ich es kratzen am rechten Kiel. Gemessene Tiefe 13m und Kartentiefe 5m. Oh.
Im Wasser war dann das Desaster zu sehen. Felsenköpfe überall, der Strom hatte uns zwischen die beiden Korallenringe versetzt. Jetz war guter Rat teuer. Aufstoppen ist keine gute Idee, wenn die Strömung 3 kn hat und quer durchs Riff geht. Also bin ich nach Ausguck wild zwischen den Felsenköpfen gefahren und habe den Ausgang gesucht. Die Ebbe war im vollen Gange, es lohnte also auch nicht zu warten und zu versuchen auf der Stelle zu bleiben.. Leider hat es 2 mal unsanft gepoltert und ich war fast in Panik niemals wieder aus diesem Riff zu kommen. Aber zum Glück ging alles gut. Das Abtauchen offenbarte auch keine sichtbaren Schäden. Aber es war Lehrstück für mich, was alles passieren kann, ohne Wind und mit allen Hilfsmitteln.