Ein Erfahrungsbericht von der neuen Dufour / Moorings 44.3
Es gibt diesen Moment, in dem man merkt, dass man nicht Kunde, sondern unbezahlter Produkttester ist. Bei mir war das der Moment, als Sunsail & Moorings (sonst immer ohne Probleme) mir freudestrahlend verkündeten: „Sie sind die allerersten Gäste auf diesem brandneuen Boot!“
Ach, wie aufregend! Die neue Moorings 44.3. Leider stellte sich heraus: „fabrikneu“ heißt in der Welt des Yacht-Charters offenbar „unfertig“.
Ein Boot voller Innovationen – und Schrauben
Ein Rundgang ist wie eine Schnitzeljagd: Schrauben und Muttern an Deck, wo werden die fehlen? Türen, die sich nur schließen, wenn man sie nicht darum bittet. Ach ja, und Beschriftungen der Sicherungen? Pustekuchen. Ein wunderbares Glücksspiel: Drückt man diese oder jene Sicherung – geht das Licht an oder der Kühlschrank aus? Spannung pur, im wahrsten Sinne.
Der Cockpittisch verdient eine eigene Erwähnung. Eine wahre Innovation: Wo früher eine Hand genügte, braucht es jetzt zwei Personen und koordiniertes Handeln, um ihn in Position zu bringen. Toll, wenn man in der Karibik neue Teams knüpfen möchte – oder gemeinsam über ergonomische Designfehler lachen will.
Wasser für alle? Nein, danke.
Mit nur 200 Litern Wassertank an Bord hätte uns ein funktionierender Watermaker das Leben erleichtern können. Doch leider leckt er – nicht an Informationen, sondern an Dichtungen. Die Lösung: Fünf formschöne Kanister, die großzügig den Seezaun schmücken. Designerstücke, die man sich nach der Charter sicher als Andenken mitnehmen möchte. Wozu Trinkwasser, rundherum ist es doch nass genug.
Aber die Krönung der Utility-Farce ist der Generator. Der verspricht Strom, liefert aber nur Krach. Wenn man ihn einschaltet, hat man das Gefühl, mitten auf einer Startbahn zu sitzen. Angesichts der Geräuschkulisse von SXM – ja, wir haben direkt vor der Landebahn geankert – hätte es auch ein Boeing-Testflug sein können.Insofern darf man nicht meckern. Dafür lädt er die Batterie einfach nicht. Also lassen wir Generator und Maschine gleichzeitig täglich 6h laufen (Doppelhölle), damit wir wenigstens Strom für den Kühlschrank haben und 1 Raum unter 40 Grad bekommen.
Klimaanlage? Lüfter? Ach, träum weiter.
„Exklusivmodell“ nennen sie es. Ich nenne es Schwitzkasten de luxe. Die Klimaanlage funktioniert, aber nur in einem Raum gleichzeitig. Ein interaktives Erlebnis: Wer darf heute kühl schlafen?Und wenn man sich dann für die (normal üblichen) Ventilatoren entscheidet – Überraschung! Die hat man einfach wegrationalisiert. Das Resultat: 45 tropische Grad unter Deck. Ich schwitzte mächtig, als ich diese Zeilen schrieb und wer mich kennt, der weiß – Das ist mein Schwachpunkt. Ich bin normalerweise auch mit einem Ventilator zufrieden, aber wenn der dann auch noch fehlt, wird es unangenehm. Und ich auch.
Sicherheit: Ein optionales Extra
Unser (für extra Geld angemietetes) Netz für den Seezaun (Kleinkind an Bord) konnten wir nicht sinnvoll nutzen, weil die Ausgänge nicht zu schließen sind -Stahlseile viel zu kurz oder zu lang. Na gut, Kinder sind ja bekanntlich ersetzbar, oder?
Und das Ankerlicht? Nicht vorhanden oder defekt. Zum Glück hatten wir kreative Ideen: Das Deckslicht (defekt)t, das Motorlicht (defekt) das Kabinenlicht (geht sogar) oder – mein Favorit – die gute alte Taschenlampe. Ein herzliches Dankeschön an Moorings, dass wir keine Flugzeugkatastrophe verursachten, obwohl nach Aussage Techniker, Ankerlichter nur für Regionen mit landenden Fluzeugen sinnvoll sind. Kabinenlicht wäre ohnehin effektiver. Eine neue Sichtweise, die im Falle eines Unfalls sicherlich meine Haftzeit verkürzt.
Segeln mit Haken und Klebeband
Was die Segeleigenschaften angeht, war ich kurz milde gestimmt. Doch auch hier lauerten Fallstricke: Die elektrischen Winschen gaben regelmäßig den Geist auf, und Sicherungen flogen schneller, als ich das Großsegel setzen konnte. Zum Glück bin ich Mann genug, um an der Kurbel zu drehen.
Fazit: Abenteuer statt Urlaub
Die Dufour / Moorings 44.3 ist kein Boot, sie ist ein Erlebnis. Jeder Tag ist ein neues Abenteuer: Wer repariert heute die Deckenpanele, die nachts auf den Kopf fallen ? Diese werden von billigen Plastik-Snap-Ins (nicht) gehalten, schon ab Werk wird Klettband eingeklebt. Das wagt sich nicht einmal “Made in China”. Welche Sicherung kommt als nächstes? Wie viele Kanister Wasser brauchen wir wirklich? Ich schleppe ja schon 10kg Werkzeug und Erstzteile mit, aber diesmal war Ende der Fahnenstange.
Danke, Sunsail & Moorings, dass ihr uns in die Beta-Test-Hölle geschickt habt. Wir haben geschwitzt, geflucht, gelacht und improvisiert – und am Ende trotzdem das gemacht, was wir am besten können: Segeln.
Aber eins weiß ich sicher: Beim nächsten Mal nehme ich die gute alte Sun Odyssey, die von Jeanneau. Ob es Sunsail / Moorings sein wird in den nächsten Jahren?