KI und nun?

Anforderungen an KMU beim Einstieg in KI/AI – Zwischen Hype und Verantwortung

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) stellt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor neue Chancen – aber auch vor ernstzunehmende Herausforderungen. Dabei lassen sich zwei typische Haltungen erkennen, die jeweils ihre Risiken bergen.

Gruppe 1: Die Skeptiker
Diese Unternehmer:innen betrachten KI eher als übertriebenen Hype. Ihre Haltung erinnert an frühere technologische Entwicklungen: Das Internet wurde einst als irrelevant abgetan, die Cloud als datenschutzrechtlich bedenklich abgelehnt. Heute heißt es: „KI ist gefährlich, überbewertet oder unnötig.“

Diese Einschätzungen beruhen oft weniger auf fundierter Analyse als auf Unsicherheit und mangelnder Information. Häufig sind es dieselben Berater oder IT-Dienstleister, die neue Technologien selbst nicht beherrschen – und deshalb deren Risiken überbetonen. Statt die strategischen Potenziale der KI zu prüfen, begnügt man sich mit isolierten Tools und übersieht die tiefgreifenden Veränderungen im Wettbewerb.

Gruppe 2: Die Enthusiasten
Am anderen Ende stehen diejenigen, die mit großer Begeisterung auf KI setzen. Ihre Haltung ist grundsätzlich positiv und fortschrittlich. Doch auch hier fehlt häufig das nötige strategische Fundament. Viele Verantwortliche verfügen weder über tiefgehende IT-Kenntnisse noch über ein wirtschaftliches Verständnis für Abhängigkeiten – wie sie beispielsweise durch die Principal-Agent-Theorie beschrieben werden. Die langfristigen Folgen von Entscheidungen werden oft unterschätzt.

So kommt es, dass Unternehmen überhastet Komplettlösungen implementieren, die auf dem Papier attraktiv wirken, in der Praxis jedoch unflexibel, teuer und schwer integrierbar sind. Anbieter reagieren auf diese Dynamik mit aggressivem Marketing – Workshops, Standardpakete, vermeintlich schlüsselfertige Lösungen –, ohne individuelle Bedarfe zu berücksichtigen.

Was sich nicht ändert: Die Grundlagen guter Planung
Auch im Kontext von KI gelten etablierte Prinzipien:

  • Klare Zieldefinitionen
  • Einbindung der Mitarbeitenden
  • Datenschutz und rechtliche Prüfung
  • Technische und wirtschaftliche Evaluierung

Diese klassischen Managementaufgaben bleiben entscheidend – unabhängig von der Innovationshöhe der Technologie.

Ein Rückblick auf meine eigene Arbeit zur Digitalisierung in der Medizin vor zehn Jahren zeigt: Viele der damaligen Herausforderungen (z. B. bei Cloud- und Telemedizin-Lösungen) ähneln den heutigen – nur unter neuem Namen und mit neuen Werkzeugen.

Top-10-Risiken beim KI-Einsatz in KMU Eine systematische Risikoanalyse bringt folgende zentrale Punkte zum Vorschein:

  1. Datenschutzverstöße (DSGVO) – durch unsachgemäße Datenverarbeitung.
  2. Intransparenz (Black-Box-Effekte) – schwer nachvollziehbare Entscheidungswege.
  3. Verzerrte Ergebnisse (Bias & Fairness) – z. B. diskriminierende Muster in Trainingsdaten.
  4. Regulatorisches Risiko – insbesondere durch EU-Gesetzgebung (AI Act, NIS2).
  5. Sicherheitslücken – durch externe KI-Dienste und -Bibliotheken.
  6. Fehlinvestitionen – infolge unrealistischer Erwartungen.
  7. Mitarbeiterwiderstand – bei fehlender Beteiligung oder Schulung.
  8. Lizenz- und Urheberrechtsprobleme – durch unklare Modell- oder Datennutzung.
  9. Reputationsschäden – durch Fehlverhalten von KI-Systemen.
  10. Abhängigkeit von Anbietern (Vendor Lock-in) – mit langfristigen Nachteilen.

Vendor Lock-in als zentrales Risiko Gerade der letzte Punkt wird oft unterschätzt. Künftig werden KI-Systeme nicht nur einzelne Abteilungen, sondern zentrale Unternehmensprozesse steuern – von ERP über Buchhaltung bis zur Kundenkommunikation. Wer hier auf einen einzigen Anbieter setzt, begibt sich in ein Abhängigkeitsverhältnis, das schwer zu revidieren ist.

Ein Anbieterwechsel kann mit hohen Kosten, Zeitaufwand und Funktionsverlust einhergehen. Vergleichbar mit Streamingdiensten wie Netflix oder Amazon Prime, deren Geschäftsmodelle sich laufend ändern (z. B. Werbung, Preiserhöhungen, neue Abo-Stufen), besteht auch hier das Risiko schleichender Kontrolle und Kostensteigerung.

Strategische Konsequenz: Offenheit, Modularität und Exit-Strategien von Anfang an berücksichtigen.


Technische Anforderungen an eine zukunftssichere KI-Integration

  • Austauschbarkeit von LLMs: Es sollte möglich sein, verschiedene Sprachmodelle flexibel anzubinden und zu wechseln – je nach Kosten, Qualität oder regulatorischer Lage.
  • Vielfalt bei Eingangsquellen: Die KI sollte verschiedene Systeme (z. B. Outlook, Gmail, IMAP, Messenger) parallel unterstützen. Auch unterschiedliche Datenbank-Architekturen sollten integrierbar sein.
  • Flexible Ausgabeformate: Ergebnisse sollten in gängige Softwarelösungen eingebunden oder über REST-APIs, Dateiformate oder andere Schnittstellen nutzbar sein.
  • Regulatorische Anpassungsfähigkeit: Systeme müssen darauf vorbereitet sein, auf regulatorische Veränderungen (z. B. EU-Vorgaben zu lokal betriebenen LLMs) reagieren zu können.
  • Offene Workflow-Architekturen: Die eingesetzten Engines sollten quelloffen, dokumentiert und sowohl lokal als auch cloudbasiert effizient betreibbar sein.

Fazit: KMU stehen beim Einsatz von KI vor strategischen Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen. Wer vorbereitet ist, profitiert. Wer kopflos agiert oder blockiert, riskiert Wettbewerbsnachteile. Es gilt, weder in Euphorie noch in Ablehnung zu verfallen – sondern KI mit Augenmaß und Struktur zu integrieren.

Fast kein Geld – für nix

Digitalisierung in Kitas: Wenn digitale Mühe am analogen Brett endet

Es war ein ambitioniertes Projekt: Mit viel Einsatz, Zeit und nicht selten ehrenamtlichem Engagement habe ich – für fast kein Glied, wie man so schön sagt – Webseiten und dazu passende App für mehrere Kitas entwickelt. Ziel war es, die Digitalisierung endlich voranzubringen und den Alltag für alle Beteiligten einfacher zu machen, zu einer Webseite zu kommen, die alte Webseite abzulösen. Funktionen wie die Online-An- und Abmeldung von Kindern, Abholberechtigung, Notfallbenachrichtigung, digitale Essenspläne und Bekanntmachungen, Terminplaner, Onlineumfragen, Abstimmtool über wichtige Themen – so wie in fast anderen Ländern oft selbstverständlich – sollten über eine moderne, sichere und rechtskonforme Plattform zugänglich sein.

Nach Monaten der Entwicklung und Vorbereitung war der Stolz auf das Ergebnis berechtigt: Die Systeme funktionieren, alles ist bereit, um in Betrieb zu gehen. Aber anstatt die neuen Möglichkeiten mit Begeisterung auf allen Kanälen zu verkünden – sei es mit einem Mailing oder in den omnipräsenten WhatsApp-Gruppen oder gar persönlicher Eröffnung – wurde die Einführung schlicht und ergreifend mit einem Aushang am schwarzen Brett kommuniziert. Ein Moment, der wie ein Sinnbild für den Zustand der Digitalisierung erscheint. Ein digitaler „Launch“ sieht jedenfalls anders aus. Ein Break, ein Bruch mit dem analogen und zeitraubenden Alltag hätte es werden können.

Von der digitalen Vision zur analogen Realität

Die Reaktion der Zielgruppe blieb verhalten. Statt die neuen Funktionen ausgiebig zu nutzen und so den Alltag für Eltern, Kinder und Erzieher zu erleichtern, geriet das digitale Angebot schnell ins Hintertreffen. Alle kehren ins alte Muster zurück: Es werden erneut Umfrageboxen aufgestellt, handschriftliche und liebevoll gedruckte Aushänge erstellt, Papierformulare entwickelt und verteilt. Kurzum, das digitale System dümpelt vor sich hin, während analoge Prozesse weiterhin dominieren. Es wird nicht einmal in Betracht gezogen. Die Erinnerung daran, wird als peinlich empfunden.

An dieser Stelle möchte ich jedoch betonen, wie sehr ich das Engagement von Leitung und Elternrat schätze. Viele investieren ihre Freizeit – oft bewundernswert – leider in die Erhaltung der analogen Welten.
Zum Start der Webseite wird vorsorglich eine 33-seitige Datenschutzregelung etabliert, um – ganz gesetzeskonform – über Drittanbieter zu kommunizieren zu können und zu dürfen. Datenflüsse müssen transparent und sicher sein, schließlich handelt es sich um sensible Personendaten. Und dann, beim Elternabend, kommt die Anregung: „Nutzen Sie doch WhatsApp!“. Sprachlos.

Digitalisierung in Deutschland: ein systemisches Problem?

Deutschland, das Land der Dichter und Denker, scheint in vielen Bereichen von der globalen digitalen Entwicklung abgehängt zu sein. Während in anderen Ländern digitale Prozesse längst Standard sind, wird hierzulande noch diskutiert, ob und wie sie überhaupt eingeführt werden sollten. Besonders auffällig wird dies im Bildungssektor, wo digitale Lösungen zwar gefordert, jedoch selten konsequent umgesetzt werden.

Doch woran liegt es? Sind die Menschen zu skeptisch, zu wenig informiert oder schlicht überfordert? Vielleicht ist es auch eine Kombination aus all diesen Faktoren. Oder steckt gar eine subtile Form des Widerstands dahinter, eine Art unbewusster Boykott gegenüber allem, was „neu“ und „anders“ ist?

Rückschritt als Fortschritt?

Vielleicht ist es auch eine Generationenfrage. Wer mit analogen Systemen großgeworden ist, empfindet digitale Alternativen oft als unnötig oder kompliziert. Gleichzeitig scheint es, als gäbe es eine stille Sehnsucht nach den überschaubaren Strukturen der analogen Welt. Doch diese Nostalgie hat ihren Preis: Sie bremst Fortschritt und Entwicklung, wo sie dringend nötig wären.

Was muss sich ändern?

Damit digitale Lösungen nicht weiter am schwarzen Brett enden, braucht es mehr als technische Lösungen:

1. Bewusstsein schaffen: Die Vorteile digitaler Systeme müssen klar kommuniziert und immer wieder hervorgehoben werden.

2. Nutzerfreundlichkeit: Systeme müssen intuitiv und leicht zugänglich sein, um die Einstiegshürden niedrig zu halten.

3. Schulungen und Unterstützung: Eltern, Erzieher und andere Beteiligte sollten aktiv in die Nutzung eingeführt werden.

4. Kulturwandel: Es braucht eine grundsätzliche Offenheit für neue Technologien und die Bereitschaft, alte Gewohnheiten zu hinterfragen.

Ohne diese Veränderungen besteht die Gefahr, dass man einer digitalen Sackgasse landet. Wir leben in Deutschland – ein Land, das vor Innovationen zurückschreckt und dabei vergisst, dass Fortschritt oft genau dort beginnt, wo Komfortzonen enden.

Die Digitalisierung in Deutschland ist keine Frage der Technik, sondern eine Frage der Haltung. Es liegt an uns allen, den Wandel aktiv zu gestalten und digitale Lösungen nicht nur zu entwickeln, sondern auch wirklich zu nutzen. Nur so kann aus einem ambitionierten Projekt mehr werden als ein Aushang am schwarzen Brett.