Seychellen und was dann? (Teil 1)

Die Seychellen haben einen großen Nachteil. Es gibt im Prinzip keine Steigerungen. Alles was jetzt noch kommt, wird sich an den Seychellen messen müssen und das wird verdammt schwer.

Anreise

Es ist schon eine Weltreise, denn ohne Umsteigen geht es von Deutschland nicht und unter 18h auch nicht. Man kann einige Euro sparen, wenn man mit Ryanair nach Dublin fliegt und von dort über Doha nach Mahe. Aber Dublin ist echt übel, nicht als Stadt, sondern weil Ryanair einem das Leben zur Hölle macht. Abgesehen von den Luxus-Defiziten, kann man Gepäck nicht bis zu zum Zielort buchen und Aufgabegepäck hat maximal 10kg. Man muss tatsächlich alles abholen und dann wieder von vorn beginnen am Schalter von Qatar Airlines. Klappt nicht immer, denn den findet man nur einigermaßen sicher, wenn man den Flughafen verlässt und beim Abflug wieder betritt. Qatar Airlines ist so nett und nimmt die 10kg Koffer einfach als Handgepäck mit. Nur was wird mit den Dingen, die man extra nicht im Handgepäck haben wollte? Mückenspray, Duschbad, das Segelmesser und der Zirkel sind dann in der Mülltonne.

Besser man fliegt über München und dann nach Doha oder Dubai. Hier kann man auf jeden Fall durchbuchen und genießt besseren Komfort. Auch München ist nicht so ganz problemlos, weil es in München etliche falsche Beschilderungen gibt. So ist der Übergang zu Terminal 2 in den Aufzügen falsch beschildert, unglaublich nach Jahren. Erreicht man dann Terminal 2 geht das Ratespiel weiter. Letztens ging ich 15 Minuten durch menschenleere Gänge und war sicher, dass ich falsch war. Nein, es war wohl ein alternativer Weg. Vermutlich unentdeckt.

Doha Airport

Doha ist der Hammer, toller Flughafen, alles funktioniert, alles modern, alles super beschildert. Allerdings gehen hier so viele Flüge, dass die Anzeigetafeln so schnell scrollen und zwischen englisch und arabisch hin- und herschalten, dass man die Orientierung verliert, als alter weißer Mann. Auch werden die Gates relativ spät angekündigt, komischerweise gibt es am Rand kleine Displays – dort stehen sie oft 1h früher dran.

Qatar Airways ist eine tolle Fluglinie. Junge hübsche Flugbegleiterinnen, die einem (fast) jeden Wunsch erfüllen. Auch in der der Economy-Class fürstlicher Service und Völlerei. Im Vergleich zu Air France/KLM ein Unterschied, wie Tag und Nacht. Bei dieser Fluglinie habe ich immer das Gefühl, als hätten sie extra die dicke Berta mit den Haaren auf den Zähnen angeheuert, damit die Gäste vor Ekel auf den Service verzichten. Die Lufthansa ist allerdings auch nicht viel besser. Inzwischen.

Nach Begasen der Flieger (man will wohl keine Moskitos und Malaria oder lästige Fliegen einschleppen) geht es im gewohnten Luxus nach Mahe, was eher ein Provinzflughafen ist, also etwas größer als Leipzig-Halle. Sollte man den Hitzschlag überleben, kauft man schnell noch eine SIM-Karte. Das geht hier unkompliziert, man ist ja nicht in Deutschland.

Local transport

Wer nicht gleich aufs Boot will , sollte auf ein Taxi verzichten. Es kostet am Ende so viel wie ein Mietwagen, den man hier zwingend braucht. Man kann sich den Mietwagen von Paul (Ich würde sogar seine Nummer herausgeben) zum Airport bringen lassen und am Ausgang winkt schon er mit dem Schlüssel. Dies kann man vorher per WhatsApp oder Telefon leicht organisieren.
Typisch afrikanische Transportmittel (Matatu, TucTuc, BodaBoda), wie ich sie aus Ostafrika eigentlich kenne, findet man hier nicht. Allerdings gibt es hier ein Busflotte, die relativ zuverlässig ist. Haltestellen sind auf die Straße gemalt. Einfach dort hinstellen und versuchen nicht überfahren zu werden. Die Busse sehen aus wie “Tayo” , wer kennt ihn? Sie sind also blau, kommen von Tata und stinken wie die meisten indischen Autos.

An den Linksverkehr sollte man sich schnell gewöhnen. Automatik hilft dabei. Ich habe bis heute nicht gelernt, dass der Blinker rechts ist und blinkte oft mit dem Scheibenwischer, was nicht immer hilfreich war. Erschreckend sind die tiefen Wassergräben direkt an der Fahrbahn. Man muss, vor allem nachts, höllisch aufpassen. Straßen werden repariert, indem man Asphalt oben aufträgt. Straßen sind manchmal 1m hoch und haben keine Randstreifen.

Insgesamt sind alle sehr höflich, freundlich und rücksichtsvoll. Gehupt wird nur bei Gefahr. Mit Ruhe und Gelassenheit, macht jeder jedem Platz. Fahrräder gibt es keine (außer auf einigen Inseln), scheinbar sind die Menschen nicht bereit ins Mittelalter zurückzukehren. Hier kann man also Freiheit genießen und kann überall parken. Elektroautos gibt es ein paar, Ladeinfrastruktur muss aber gut versteckt sein. Vermutlich laden alle im Haus. Einige Hausvermieter bieten Häuser mit “kostenlosem” E-Auto an. Das ist Blödsinn, Laden und Servicepauschale sind teurer als ein Kleinwagen mit Benzin zur Miete. Ich habe immer so 50-60 Euro/ Tag bezahlt. Ein Daihastsu SUV ist eine lahme Krücke, hilft aber im steinigen Gelände nicht so viel Auto zu zerstören. Auf der Straße tut es ein Kia Piccanto, der hier überall zu finden ist. Deutsche Autos gibt es wohl ein halbes Dutzend. Der einzige Porsche gehört dem Chef des ehemaligen PCR Testcenter, so ein Zufall. 3 BMW und 2 Audi existieren wohl noch. Mehr habe ich in Monaten nicht gesehen.

Wie man unvermutet im Knast landet.

Eine unglaubliche Geschichte um ein junges Mädchen und ein Visum.

Deutsche Behörden sind schon einmalig auf der Welt. Gründlich, unabhängig und korruptionsfrei. Kleiner Scherz. Das glaube ich schon lange nicht mehr. Meine Erlebnisse zur Erlangung eines Aufenthaltstitels für meine Frau oder zur Anerkennung eines Führerscheins sind nur ein kleiner Vorgeschmack.
Wir lassen zwar ungelernte Menschen ohne jegliche Papiere und Nachweise als Fachkräfte nach Deutschland. Aber die gut ausgebildeten und vertrauenswürdigen Menschen, die wollen wir natürlich nicht einmal als Touristen ins Land lassen, sie könnten ja arbeiten wollen oder uns das Sonnenblumenöl aus dem Supermarkt stehlen. Deshalb war meine Einladung zum Segeln in Kroatien für die Cousine meiner Frau eher eine Schnapsidee. Dazu muss man sagen, dass die junge Frau, nennen wir sie T., mit 18 Jahren volljährig ist, in Dubai seit Jahren lebt, in den USA das Abitur gemacht hat, aber einen kenianischen Pass hat. Dieser Pass ist zwar voll mit Visa und Stempeln aus der ganzen Welt, dies ist aber kein Vertrauensbeweis, dass es sich nicht um einen typischen Wirtschaftsflüchtling handelt.
Man benötigt also ein Schengen-Visum, um nach Europa zu reisen. Das ist nicht ganz einfach. Ein Antrag auf Visum half zunächst nicht. Man benötigt eine Einladung. Ich schrieb also die Einladung mit dem Wunsch in Kroatien mit ihr und meiner Familie segeln zu gehen und natürlich möchte sie Europa möglichst kennenlernen.
Dazu flog T. von Florida zur nächsten Vertretung der BRD in Miami. Sie übergab alle Unterlagen und Einladung, ein Visum bekam sie nicht. Sie bräuchte eine Verpflichtungserklärung.
Was ist das? Ein deutscher Bürger muss für den gesamten Aufenthalt maximal für insgesamt 5 Jahre mit allem Eigentum bürgen. Dies gilt für Ausweisungskosten, Krankheiten, Straftaten und allen Kosten, die man konstruieren kann. Kein normaler Mensch würde dies unterschreiben, schließlich könnte ja ein singuläres Ereignis auftreten, welches Millionen kostet und unversicherbar ist. Man wäre also bis zum Lebensende ruiniert, wenn Vater Staat diese Person z.B. in Haft nimmt oder diese todkrank wird. Trotzdem war ich bereit dazu.
Der Termin auf der Ausländerbehörde war ernüchternd. Da ich nicht angestellt arbeite, konnte ich keine aktuelle Lohnabrechnung vorweisen. Da ich erst 1,5 Jahre selbstständig war, verfügte ich auch über keinen geprüften Abschluss. Man schlug mir also vor, mein Haus zu verpfänden, ich solle schon mal die Grundbuchauszüge heraussuchen. Ich fragte höflich, ob denn nicht ein Kontoauszug mit einem nicht unerheblichen Guthaben, als Sicherheit genüge, was sofort abgeschmettert wurde: “Sie können ja morgen alles im Casino verzocken”. Das stimmt natürlich, aber es kann auch Putins Atombombe auf mein Haus fallen. Ich fragte, ob es denn eine andere Chance gäbe, die fraglichen Millionen aufzutreiben.


Und tatsächlich, es gab eine andere Möglichkeit: Ein Sparbuch zu Gunsten der Ausländerbehörde verpfändet mit lächerlichen 5000 Euro. Das ist ein Witz, weil 5000 Euro natürlich viel Geld ist, aber natürlich nichts, welches neben Haus und Einkommen, zusätzliche Sicherheit bieten würde. Dieses Sparbuch zu bekommen, war das nächste Drama.

Onlinebanken – Fehlanzeige. Hausbank – Fehlanzeige. Ich musste also auf Knien bei der Sparkasse vorstellig werden, die (bei Abschluss anderer Produkte) widerwillig ein Sparbuch anlegten. In letzte Minute. Und tatsächlich bekam ich für das Sparbuch die erforderliche Verpflichtungserklärung. Nun darf man nicht glauben eine deutsche Behörde traut der anderen deutschen Behörde. Man kann das Dokument also nicht einfach ins interne Postfach des Auswärtigen Amtes legen, denn damit hat ja eine Ausländerbehörde nichts zu tun. Man darf die Behördenpost auf eigene Kosten (hier 50$ per FedEx) der anderen Behörde zustellen. So wird Digitalisierung in Deutschland gelebt. Berittene Boten transportieren ein Papierdokument von Behörde zu Behörde.

Jedenfalls wurde das Visum für 3 Monate nun erteilt. Die Einreise nach Europa verlief erstaunlich problemlos. Einreisestempel – fertig.
Eben nicht, wie wir gleich sehen. Auf nach Kroatien war angesagt. In Leipzig auf dem Flughafen keine Probleme beim Einchecken nach Dubrovnik. Auch bei der Polizei und beim Zoll nicht. In Wien nochmalige Kontrolle des Visums, alles prima. Dann kamen wir in Dubrovnik an.
“Das ist ein D Visum!” Was zum Teufel ist das? Ein Visum zum einmaligen Betreten der EU. Ich verstand erst gar nicht, wollten die Kroaten sie nicht einlassen? Doch das würden sie, kein Problem, aber Wien würde sie nicht mehr zurücknehmen. Personen, denen die Rückreise verwehrt werden kann, darf man auch nicht einreisen lassen. Keiner hatte uns bei 5 Ämterbesuchen, um dieses kroatische Segelabenteuer zu ermöglichen, gesagt, dass Kroatien überhaupt noch kein Schengen-Staat ist. Und ja, dieses Versäumnis ist auch eine eigene Bildungslücke, aber hätte nicht einer Beamten, bei Beantragung, Einladung, Durchreise etwas davon erwähnen können?
T. muss sofort wieder über die Grenze, damit sie als “nicht eingereist” gilt und damit die EU nie verlassen hat. Man gab uns 5 Minuten Zeit zu entscheiden, ob wir alle zurückfliegen oder ob T. die Reise allein antreten darf.

Kann man eine 18 Jährige farbige Frau allein durch halb Europa reisen lassen, damit sie sich dann 2 Wochen selbst versorgt, eine Bleibe findet und dies noch als Einladung empfindet? Natürlich nicht. Also beschlossen wir, dass meine Familie mit ihr zurückfliegt und ich allein in Dubrovnik bleibe. Leider benötigten wir dafür 6 Minuten, schließlich mussten ja auch Handys geladen sein, etwas Geld ausgetauscht und wichtige Dinge geklärt werden. 6 Minuten waren zu viel. Man erklärte uns, der Flieger sei jetzt voll und heute würde niemand mehr fliegen. Wir dürfen uns entscheiden, ob wir alle in der örtlichen Gefängniszelle übernachten möchten, oder ob T. dies allein tun muss. Schweren Herzens trennten wir uns von ihr, die Tränen waren natürlich nicht zu stoppen. Aber wir könnten nichts für sie tun, wenn wir selbst eingesperrt sind. Sie sperrten sie tatsächlich ein. Wir übernachteten also im Hotel und hofften T. ginge es gut in ihrer Zelle. Kommunikation war zunächst unmöglich, erst nach Anruf bei den Behörden und Drohung mit Konsequenzen, hat man ihr dann das Telefon erstaunlicherweise ausgehändigt.

So war der Segelurlaub in Kroatien zu einem Besuch im Gefängnis geworden, man kann sich die Enttäuschung eines Mädchens vorstellen, welche alle bürokratischen Hürden überwunden hatte, um nach Europa zu reisen – und dann das.

Besonders perfide war die Rückreise, man behandelte T. wie eine Gefangene, Sie wurde unbemerkt ins Flugzeug gebracht und meine Frau traf Sie erst in Wien wieder. Austrian Airline (Dieser Sauhaufen bekommt noch einen eigenen Artikel!) war sich auch nicht zu fein, für meine Frau und mein Sohn die Tickets teuer abzurechnen, obwohl gültige Rückflüge vorhanden waren. Diese Rückflüge haben sie dann auch noch gewinnbringend verkauft. Eine echte Abzocke. Als Bewohner eines Kontinents außerhalb Europas kann man nur mit dem Kopf schütteln, wie hier mit Menschen umgegangen wird, die nichts verbrochen haben, mit Bürgschaft gesicherte Visa haben und vertrauensvolle Menschen sind. Vielleicht versuchen wir es das nächste Mal als “Fachkraft”, dann geht alles von allein, auch als Analphabet, ohne Papiere und mit 21 Identitäten.